© Lisa Widerek 2025 · Manchmal sind es nicht die lauten Abschiede, die am meisten schmerzen – sondern die stillen, für die wir lange keine Worte hatten.

Freundschaften bedeuten für neurodivergente Menschen oft mehr als nur Gesellschaft.
Sie können Lebensanker sein – aber auch Auslöser für Rückzug, Überforderung und Schmerz.
Gerade dann, wenn man sich ständig zwischen Anpassung und Ehrlichkeit verliert.
Wenn man zu viel gibt, zu lange schweigt und sich am Ende fragt, ob man überhaupt gesehen wurde.
Ich war oft zu loyal – bis zur Selbstaufgabe
Ich war lange Zeit jemand, der nicht loslassen konnte.
Ich habe Freundschaften gehalten, auch wenn sie längst keine Freundschaft mehr waren.
Ich bin geblieben, obwohl mein Bauchgefühl längst geschrien hat: „Geh.“
Warum?
Weil ich es nicht ausgehalten habe, jemanden zu enttäuschen.
Weil ich dachte, ich bilde mir das nur ein.
Und weil ich tief in mir glaubte, dass ich selbst vielleicht einfach zu kompliziert bin.
Die Alarmsignale kamen – aber ich habe sie ignoriert.
Ich bin Menschen aus dem Weg gegangen, obwohl sie eigentlich mein Herz hätten wärmen sollen.
Ich habe Treffen verschoben, Antworten auf Nachrichten hinausgezögert, den Kontakt innerlich längst beendet – während ich nach außen noch den Schein gewahrt habe.
Das waren keine spontanen Phasen sozialer Erschöpfung.
Das war der stille Abschied von etwas, das mir nicht mehr gut tat.
Ich habe viele Freundschaften erst gehen lassen, als ich schon längst verletzt war.
Was wahre Freundschaft für mich bedeutet
-
Es bedeutet nicht, perfekt zu sein.
-
Es bedeutet nicht, immer einer Meinung zu sein.
Es bedeutet, sich zeigen zu dürfen – mit all den widersprüchlichen Gedanken, der Reizüberflutung, den plötzlichen Rückzügen, den inneren Explosionen.
Es bedeutet, dass Kritik da sein darf – aber nicht als Schlag, sondern als ausgestreckte Hand.
Es bedeutet, jemanden zu haben, bei dem ich auch in meinen dunkelsten Momenten anklopfen kann – ohne Angst, zu viel zu sein.
Der eine Mensch
Es gibt diesen einen Menschen, der mein Denken spiegelt, ohne dass ich sprechen muss.
Der Dinge googelt, bevor ich sie ausspreche.
Der versteht, wie meine Welt funktioniert – nicht, weil ich sie erklärt habe, sondern weil seine Welt genauso funktioniert.
Mit ihm kann ich nebeneinander sitzen – in einem Raum voller Reize, voller Gedanken, voller Impulse – und muss mich nicht kleiner machen.
Ich kann einfach sein.
Und manchmal frage ich mich, wie viele Menschen sich wohl ein ganzes Leben danach sehnen, einen solchen Menschen zu finden.
Ich weiß nur: Ich habe ihn getroffen.
Was ich mir in Freundschaften wünsche
-
Emotionale Intelligenz: Menschen, die spüren, wann sie Raum geben müssen, und wann sie mich rausholen dürfen.
-
Verlässlichkeit: Die nicht nur „Ich bin da“ sagen, sondern es auch zeigen – in kleinen Momenten.
-
Respekt vor meiner Art zu denken: Ich analysiere, ich wiederhole, ich frage zehnmal nach – nicht aus Misstrauen, sondern weil mein Kopf nicht anders funktioniert.
-
Keine Lösungserwartung: Ich brauche keine Ratgeber. Ich brauche Resonanzräume. Ich baue meine Lösungen selbst. Aber ich baue sie schneller, wenn ich mich verstanden fühle.
Was nicht geht
-
Menschen, die sich nur melden, wenn sie etwas brauchen.
-
Menschen, die meine Offenheit ausnutzen, mich durch Andeutungen manipulieren oder mir Schuldgefühle einreden.
-
Menschen, die glauben, dass Rückzug gleich Desinteresse ist.
-
Menschen, die mich nur schätzen, wenn ich funktioniere.
Ich habe geliebt – und verloren
Ich habe mich oft ausgenutzt gefühlt, ohne dass ich es sofort bemerkt habe.
Manche Menschen waren Meister darin, meine Empathie als Eintrittskarte zu benutzen.
Ich habe geholfen, aufgefangen, unterstützt – bis ich selbst nichts mehr übrig hatte.
Und ich habe gelernt, dass das keine Freundschaft war – sondern emotionale Erpressung in schönen Worten.
Aber ich habe auch gerettet – und wurde gerettet
Es gab diese Begegnungen, in denen ich gesehen wurde.
Wirklich gesehen.
Nicht für meine Leistung, nicht für meine Hilfsbereitschaft – sondern für mich.
Ich wurde gehalten, wenn ich gefallen bin.
Ich wurde gehört, wenn ich stumm war.
Ich wurde gespürt, wenn ich mich selbst nicht mehr wahrnehmen konnte.
Und ich durfte das auch für andere sein.
Zukunftswunsch: Freundschaft auf Augenhöhe
Ich wünsche mir Menschen, die mit mir zusammen wachsen wollen.
Die nicht gleich verschwinden, wenn es schwer wird.
Die mich nehmen, wie ich bin – aber mich auch liebevoll fordern.
Die mir sagen dürfen: „Heute warst du zu viel“, ohne dass ich mich entwertet fühle.
Und die bei mir bleiben, auch wenn ich in dem Moment ihren Ratschlag nicht hören kann.
Herzlich,
FliWi
Kennst du das auch?
Dieses stille Ringen zwischen Nähe und Selbstschutz?
Dieses Bedürfnis, echt zu sein – und trotzdem manchmal zu verschwinden?
Dann teile deine Gedanken gerne in den Kommentaren oder auf Instagram.
Vielleicht erkennen wir uns gegenseitig ein Stück mehr.
Du bist nicht allein.
#freundschaft #neurodivergenz #adhs #autismus #pda #hochsensibel #selbstfürsorge #zwischenmenschliches #ehrlichstattideal #charmeundchaos
Kommentar hinzufügen
Kommentare