Was ist PDA / Das M-Wort?

 

PDA (PathologicalDemandAvoidance), auf Deutsch etwa „pathologische Vermeidung von Anforderungen“, beschreibt ein Profil innerhalb des Autismus-Spektrums, das durch extreme Vermeidung von Erwartungen und Anforderungen gekennzeichnet ist – selbst dann, wenn diese Anforderungen angenehm oder gewünscht sind.

 

Das klingt im ersten Moment paradox. Warum sollte jemand eine Aktivität vermeiden, die er eigentlich mag? Die Antwort liegt im inneren Erleben: Bei PDA wird jede Form von Erwartung – egal ob von außen oder innen – als Kontrollverlust empfunden. Und genau dieser Kontrollverlust triggert das Nervensystem.


Typische Merkmale bei PDA

 

  • Starker Widerstand gegenüber alltäglichen Anforderungen

 

  • Zwang zur Kontrolle der Situation oder Umgebung

 

  • Schnelles Umschalten zwischen Anpassung und Rebellion

 

  • Rollenspiel oder Ausflüchte als Strategien zur Vermeidung

 

  • Starke emotionale Reaktionen bei wahrgenommenem Druck

 

  • Sozial wirkende Oberfläche – tiefer liegende Autismusmerkmale bleiben oft unerkannt

 

  • Manipulation wird häufig falsch interpretiert – es ist ein Überlebensmechanismus

Warum das „M-Wort“?

 

In einigen Fachkreisen ist „PDA“ nicht als offizielle Diagnose anerkannt. Deshalb findet man oft Ersatzbegriffe wie:

 

  • „extreme Demand Avoidance“ (EDA)

 

  • „Autismus mit oppositionellem Profil“

 

  • „Missverstandenes Verhalten“ (das M-Wort)

 

 

Viele Betroffene empfinden „Missverstanden“ als treffenden Begriff, weil sie sich nicht verweigern, um zu stören – sondern weil ihr System keine andere Wahl sieht.

 

Eine Freundin und ich nutzen diese Umschreibung für das Wort "Müssen", weil wir wissen, dass dieses Wort alleine schon körperliche Stressreaktionen bei mir auslöst.


Wie fühlt sich PDA an?

 

„Ich will, aber ich kann nicht. Ich weiß, was ich tun müsste, aber allein der Gedanke daran bringt mein Nervensystem zum Stillstand.“

 

„Ich spüre innerlich Druck – und selbst wenn der niemand äußert, dreht alles in mir durch.“

 

„Wenn jemand sagt ‚Du musst nur‘ oder ‚Jetzt mach doch‘, geht bei mir innerlich der Vorhang runter.“


PDA ist kein Trotz – sondern Notwehr

 

Kinder und Erwachsene mit PDA wirken oft trotzig, unkooperativ oder manipulativ. Doch wer genau hinschaut, erkennt: Es ist keine Bosheit – es ist Notwehr.

 

Das Nervensystem dieser Menschen ist dysreguliert bei Druck. Reaktionen können sein:

 

  • Flucht

 

  • Kampf

 

  • Totstellen

 

  • Ironie, Witz, Ablenkung

 

  • Zusammenbruch

 

 

Sie brauchen nicht mehr Kontrolle – sondern mehr Autonomie.


Umgang mit PDA – was hilft?

 

  • Wahlmöglichkeiten geben statt Anweisungen

 

  • Verbindlich sein – ohne Zwang auszuüben

 

  • Verständnis zeigen für Widerstand, ohne alles zu entschuldigen

 

  • Gemeinsam statt hierarchisch kommunizieren

 

  • Beziehungen aufbauen, bevor man Anforderungen stellt

Und wenn ich mich hier wiedererkenne?

 

Dann bist du nicht allein.

 

Viele neurodivergente Menschen haben erst spät erkannt, warum sie auf Druck so stark reagieren, warum sie immer wieder sabotieren, was sie eigentlich wollen.

 

„Ich dachte, ich sei faul, unmotiviert, launisch. Heute weiß ich: Ich bin nicht falsch. Ich bin einfach nur ein bisschen anders verdrahtet.“


Weiterführende Links & Ressourcen


Hinweis: Diese Seite ersetzt keine fachliche Diagnose, sondern soll Orientierung bieten und das Verständnis fördern – für Betroffene, Angehörige und alle, die lernen möchten, wie vielfältig Neurodivergenz ist.