„Ich glaube dir“ – Warum dieser Satz für neurodivergente Menschen mehr bedeutet als jede Therapie

Veröffentlicht am 18. Mai 2025 um 10:00

© Lisa Widerek 2025 · Manchmal reicht ein einziger Satz, um eine verlorene Welt wieder leise zusammenzusetzen: „Ich glaube dir.“

Ein Text über Zweifel, Zerrissenheit und die Macht von echten Begegnungen

Wenn dir niemand glaubt, verlierst du irgendwann auch den Glauben an dich selbst.

Ich weiß nicht mehr, wie oft ich mir anhören musste:

  • „Das ist keine ADHS, das ist Depression.“

  • „Sie haben keine Autismusmerkmale – dafür sind Sie viel zu empathisch.“

  • „So sensibel kann kein normaler Mensch sein.“

Ich weiß nur, wie es sich angefühlt hat.
Wie ein Faustschlag ins Nervensystem.


Was ich gebraucht hätte?

Einfach jemanden, der sagt:
„Ich glaube dir.“

Nicht aus Mitleid.

Sondern, weil ich meine Wahrheit kenne.
Und weil ich verdammt nochmal ein Recht darauf habe, dass sie ernst genommen wird.

Ich hätte mir jemanden gewünscht, der hinsieht.
Nicht durch Checklisten, nicht durch vorgefertigte Raster –
sondern durch mich hindurch.
Mit dem ehrlichen Wunsch, zu verstehen.

Stattdessen bekam ich Etiketten wie Legasthenie (mit 0 Rechtschreibfehlern im Abitur).
Und ein „zu gut für ADHS“, obwohl ich mich innerlich wie zerfleddertes Toastbrot fühlte.


Endlich gesehen

Das erste Mal wirklich gesehen wurde ich in der Praxis Anders³ – von Birte Gabriel.
Kein Doktortitel, aber verdammt viel Herz, Verstand und Feingefühl.

Sie hat nicht nur getestet.
Sie hat zugehört.
Sie hat mich ernst genommen.

Und irgendwann sagte sie – nach dem IQ-Test:

„Nein, du bist kein Toastbrot. Du bist eher ein vollwertiges Vollkorn-Edelnussbrot.“

Ich hab gelacht. Zum ersten Mal seit Wochen.

Und ich hab verstanden:
Ich bin nicht kaputt. Ich bin einfach nur… anders gebaut.


Was dieser Satz bewirkt

Wenn jemand sagt:
„Ich glaube dir“,
dann verändert sich was in meinem Körper.

Die Muskeln entspannen sich.

Die Gedanken werden leiser.

Die Angst rückt ein Stück zur Seite.

Weil ich mich endlich nicht mehr erklären muss.
Nicht rechtfertigen.
Nicht anpassen.

Weil ich mich mit dieser Person sicher fühle.


Nicht geglaubt wird uns überall

Bei der Medikation der Kinder.

Beim Bedürfnis, keine nassen Socken zu tragen.

Beim emotionalen Zusammenbruch, weil die Welt zu laut ist.

Wir hören dann Sätze wie:

  • „Stell dich nicht so an.“

  • „Jeder hat doch ein bisschen Autismus.“

  • „Du nutzt das doch nur als Ausrede.“

Und ganz ehrlich?
Das tut weh.

Nicht, weil wir nicht stark wären.
Sondern weil wir stark sein mussten.
Viel zu oft. Viel zu lange.


Was ich Betroffenen sagen will

Wenn dir niemand glaubt – such weiter.

Such, bis du jemanden findest, der es tut.

Der nicht nur hört, sondern zuhört.

Der nicht nur versteht, sondern fühlen will, was es heißt, du zu sein.

Und bis dahin?

Glaube dir selbst.

Denn du bist nicht verrückt.
Du bist verdrahtet.
Und das ist ein Unterschied.


Was ich denen sagen will, die helfen wollen

Schau hin.

Hör zu.

Stell Fragen, bevor du Etiketten verteilst.

Niemand denkt sich freiwillig Probleme aus.
Niemand „macht ADHS“, um Aufmerksamkeit zu bekommen.

Wir kämpfen.

  • Tag für Tag.

  • Mit uns.

  • Mit der Welt.

  • Und manchmal nur, um morgens überhaupt aufzustehen.


Fazit

„Ich glaube dir“ ist nicht nur ein Satz.
Es ist ein Anker.

Ein Rettungsring für Menschen, die gelernt haben, dass sie im Zweifel immer alleine dastehen.

Sag ihn öfter.
Zu den richtigen Menschen.

Und vielleicht wird dann aus Überleben endlich Leben.


Herzlich,
FliWi


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