© 2025 Lisa Widerek · Wenn Selbstmanipulation ein liebevoller Akt wird.

Es gibt Dinge, die machen einfach keinen Spaß. Punkt.
Und dann gibt es Momente, in denen ich selbst nicht genau weiß, wie ich etwas geschafft habe. Aber wenn ich genauer hinschaue, entdecke ich ein Muster: Ich manipuliere mich selbst. Nicht im negativen Sinn. Sondern bewusst, gezielt – fast schon liebevoll. Ich trickse mich aus, um durch den Tag zu kommen. Um mich Dingen zu stellen, vor denen andere vielleicht einfach fliehen würden. Oder die ich früher selbst vermieden hätte.
Wenn ich Narkosen lieben lerne
Ein aktuelles Beispiel: Ich habe vor einer OP eine dermaßen hohe Dosis Propofol bekommen, weil ich mich gegen das Einschlafen gewehrt habe, dass ich beim Aufwachen das Gefühl hatte, von einem Elefanten überrollt worden zu sein. Schüttelfrost, Übelkeit, ein Zustand wie nach einem durchzechten Abend mit schlechtem Wodka. Und trotzdem: Heute sage ich, ich liebe Narkosen. Warum? Weil ich mir das eingeredet habe. Tagelang. Immer wieder. Ich habe mir selbst die Geschichte erzählt, dass ich entspannt bin, dass ich mich sogar freue. Und irgendwann war es keine Geschichte mehr. Sondern mein Gefühl.
Ich habe mich selbst programmiert. Aus Selbstschutz. Weil ich weiß, dass meine Angst und mein Widerstand sonst riesig wären. Und weil ich in der Lage bin, Gedanken so oft zu wiederholen, bis mein System sie glaubt.
Zahnarzt? Easy. Weil ich das sage.
Das geht sogar beim Zahnarzt. Ich sage mir vor der Zahnreinigung: „Ich liebe das. Ich werde jedes Mal gelobt für meine sauberen Zähne. Und es ist der einzige Arzt, der mich nicht mit Diagnosen oder Erwartungen überhäuft.“ Ich wiederhole das so lange, bis ich es glaube. Und dann gehe ich tatsächlich gerne hin. Klingt schräg – funktioniert aber.
Selbstmanipulation im Alltag: Es wirkt – auch bei anderen
Diese Methode wirkt nicht nur bei mir. Eine Freundin von mir hatte auf der Arbeit immer wieder Probleme mit sinnfreien Aufgaben. Dinge, die keinen Sinn ergeben, die sie aber immer wieder tun musste. Es hat sie wahnsinnig gemacht. Bis ich ihr einen kleinen Trick verraten habe: „Sag dir selbst: Ich werde dafür bezahlt. Es ist nicht meine Verantwortung. Wenn ich Chef wäre, würde ich es anders machen – bin ich aber nicht. Und wenn mein Job gerade bedeutet, dreimal im Kreis zu laufen, dann tue ich das und genieße meine Bezahlung dabei.“
Seitdem hat sie viel weniger inneren Widerstand. Weil sie sich selbst rausnimmt. Die Aufgabe bleibt gleich, aber die Bewertung ändert sich. Und mit ihr das Gefühl.
Ist das Manipulation oder Selbstfürsorge?
Vielleicht klingt das wie Manipulation – aber ich nenne es Selbstfürsorge. Ich kenne meinen Kopf. Ich weiß, wo meine Widerstände sitzen. Ich weiß, wie laut mein innerer Protest werden kann, wenn etwas keinen Sinn ergibt oder mich überfordert. Und ich weiß, dass ich mir mit Logik nicht immer helfen kann – aber mit Emotionen schon. Ich muss mich austricksen, um Dinge zu tun, die mir eigentlich zu viel sind. Und oft reicht dafür ein einziger Gedanke, den ich so oft denke, bis er wahr wird.
Warum ich darüber schreibe
Weil ich glaube, dass viele neurodivergente Menschen diese Strategien kennen – aber sie sich nicht bewusst machen. Weil es Mut braucht, zuzugeben, dass man sich selbst manipuliert. Und weil es Stärke ist, sich selbst durch das Leben zu helfen, auch wenn es manchmal auf Umwegen geschieht.
Vielleicht hilft dir dieser Text, deine eigenen Tricks zu entdecken. Oder dich selbst ein bisschen liebevoller zu betrachten, wenn du dich wieder mal überlistest.
Denn wer sagt, dass nur gerade Wege zum Ziel führen?
Wenn du dich selbst auch manchmal überlistest, um den Alltag zu schaffen – dann bist du nicht allein. Manchmal sind es genau diese kleinen inneren Umwege, die zeigen, wie kreativ, mutig und anpassungsfähig wir wirklich sind.
Und wenn dir dieser Text ein Lächeln, ein Aha oder ein bisschen mehr Selbstmitgefühl geschenkt hat, dann freue ich mich, wenn du ihn teilst – oder mir erzählst, welche Strategien dir helfen, dich durch schwierige Momente zu navigieren.
Herzlich,
FliWi
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