Glitzer, Geräusche & Gummikram – Dinge, die Autistinnen und ADHSlerinnen glücklich machen

Veröffentlicht am 30. Juli 2025 um 18:00

© 2025 Lisa Widerek · Kitsch & Chaos – Ein Plädoyer für sensorische Freude und nerdige Selbstfürsorge.

Wenn Gegenstände zu Freunden werden

Manche Menschen brauchen Yoga. Andere ein Glas Wein. Und wir? Wir brauchen manchmal einfach… eine Einhorn-Glitzer-Nachttischlampe, eine Entenlampe mit Existenzkrise, Flamingoaccessoires, ein Zauberwürfel oder eine Lotusflöte, die seltsam tröstlich pfeift.

Es sind die kleinen Dinge, die unser Nervensystem beruhigen. Die den Tag heller machen. Die zeigen: Ich darf sein, wie ich bin – auch wenn ich dabei glitzer, wackel oder in Endlosschleife knautsche.

Diese Objekte sind keine Accessoires. Sie sind Lebensretter in Pastell, Regulationstools mit Humor – und manchmal auch der letzte Halt in einem überfordernden Tag.


Was ist Stimming – und warum hilft es?

"Stimming" ist die Kurzform von Self-Stimulatory Behavior. Es bezeichnet stereotype oder repetitive Bewegungen und Reize, mit denen sich der Körper selbst beruhigt oder reguliert.

Das können Bewegungen wie Wippen oder Kneten sein, Geräusche wie Summen, visuelle Reize wie drehende Objekte – oder einfach das Gefühl eines weichen Slimeballs in der Hand.

Für neurodivergente Menschen ist Stimming keine Macke – sondern eine Überlebensstrategie.

Laut einer Übersichtsarbeit von Leekam et al. (2011, Journal of Autism and Developmental Disorders) tritt Stimming besonders häufig bei Autismus-Spektrum-Störungen auf – ist aber auch bei ADHS, Trauma und Hochsensibilität verbreitet. Es kann Stress abbauen, Reizverarbeitung unterstützen und sogar helfen, Konzentration zu steigern.

Und ja – manchmal sieht das von außen seltsam aus. Aber das ist okay.

Laut Schaaf et al. (2014, AJOT) verbessern gezielte sensorische Interventionen bei Autist*innen die Alltagskompetenz messbar. Viele Erwachsene adaptieren das durch individuell passende sensorische Helfer.


Wohlfühlfaktor auf Autistisch – meine Top-Gegenstände

🦆 Die Existenzkrisen-Entenlampe

Sie war ein Geschenk – aber gefühlt auch ein Spiegel. Ihre Mimik ist ein Mix aus "Was tu ich hier?" und "Bitte lass mich einfach leuchten." Genau wie ich an manchen Tagen. Warmgelbes Licht, trauriger Blick, ein Hauch Selbstironie. Diese Ente ist mein emotionaler Thermostat.

🎶 Klangspielzeuge & Quietschobjekte

Neben Flöten liebe ich alles, was pfeift, gluckert oder witzig klingt. Ein Favorit: Die Federflöte aus dem 1-Euro-Laden, die sich anhört wie ein jammernder Droid. Manchmal reicht ein schriller Ton, um mein System wieder zu synchronisieren.

💍 Sensorische Perlenringe

Ich trage mehrere davon. Ringe, auf denen sich kleine Metallperlen oder drehbare Elemente bewegen lassen. Je nach Situation knete, rolle oder drücke ich sie – unauffällig, aber unglaublich effektiv. Sie sind mein stilles Stimming in Meetings, Arztpraxen und Warteschlangen.

Glitzer-Schüttelstäbe & Slime

Haptik ist meine Religion. Flüssigkeit mit Glitzer beruhigt mein Gehirn wie eine Hypnosespirale. Slime mit Mikroperlen? Yes. Lavendelduft optional. Aber wehe, er ist zu klebrig. Ich bin sensorisch sensibel, nicht wahllos!

🐙 Knautschige Krake mit Wendegesicht

Manche Tage will ich nicht sprechen. Ich will nur die Krake umdrehen und damit sagen: Heute nicht. Und das ist genug.

🧸 Gewichtsdecken und sensorische Tücher

Manchmal braucht mein Körper Druck, um sich selbst wieder zu spüren. Gewichtsdecken sind wie eine feste Umarmung ohne Erwartungen. Auch bestimmte Tücher, Schals oder samtige Stoffe helfen mir, mein Nervensystem zu erden.

👕 Disney-Hoodies & Kindheitskleidung

Ich bin 36 – aber ja, ich trage Disney-Hoodies. Weil sie mich an eine Zeit erinnern, in der mein Nervensystem weniger erklären musste. Kleidung ist für mich auch ein Stück Geborgenheit. Und Nostalgie ist ein verdammt wirksames Beruhigungsmittel.

🫧 Texturwürfel & Klickplatten

Manche Spielzeuge bestehen nur aus Silikonflächen mit unterschiedlichen Mustern. Ich habe einen Würfel mit Riffelstruktur, weichen Punkten und rauen Linien. Er ist meine taktile Landkarte, wenn alles zu viel wird.

🌀 Fidget Spinner, Stressbälle & Magnetspielzeug

Nicht neu, aber bewährt. Und mit modernen Designs oft auch ästhetisch ansprechend. Mein Favorit: Zwei magnetische Perlen, die in der Tasche rollen – perfekt für heimliches Stimming unterwegs.

🌬️ Windlichter & flüssige Lavalampen

Bewegung beruhigt. Besonders, wenn sie langsam und vorhersehbar ist. Lichtspiele und rhythmisch fließende Farben schaffen innere Ordnung. Manche Abende retten sich durch nichts als visuelle Stille.

🧦 Sensorik-Socken & Taktile Armbänder

Es gibt spezielle Socken mit Druckpunkten, die beruhigend wirken. Manche neurodivergente Menschen nutzen auch Armbänder mit textilen Strukturen oder Klickmechanismen – wie ein tragbares Stimming-Tool für den Alltag.

🔄 Loop-Twister & Endlos-Ketten

Diese metallischen oder silikonbasierten Spielzeuge lassen sich drehen, falten, verbiegen. Der gleichmäßige Bewegungsfluss hilft bei innerer Unruhe – und kann auch in Gesprächen beruhigend wirken.

🔊 White Noise Machines & ASMR-Apps

Manche Reize beruhigen nicht durch Berührung – sondern durch Klang. White Noise Generatoren, Regenklänge oder bestimmte ASMR-Videos können helfen, das Nervensystem zu synchronisieren.


Warum das mehr ist als Spielkram

Für viele neurodivergente Menschen sind solche Gegenstände emotionale Werkzeuge.

Sie regulieren, kommunizieren, schützen. Sie sagen: Ich bin gerade überfordert. Oder: Ich versuche, mich zu halten. Oder auch: Ich gönne mir fünf Minuten Ich-sein.

Laut einer Studie von Ausderau et al. (2014, American Journal of Occupational Therapy) hilft sensorische Stimulation bei Kindern mit Autismus signifikant dabei, herausforderndes Verhalten zu reduzieren. Das Prinzip gilt sinngemäß auch für Erwachsene – nur dass wir oft kreativere Reize brauchen.

Eine Meta-Analyse von Pfeiffer et al. (2018) belegt zudem, dass individualisierte sensorische Strategien die Selbstregulationsfähigkeit bei Erwachsenen mit ADHS und Autismus signifikant verbessern können.

Stimming-Toys sind keine Regressionsspielzeuge – sondern Ausdruck sensorischer Souveränität.


Werbung in eigener Herzensangelegenheit

Die Existenzkrisen-Ente bekommst du z. B. bei [https://duckylay.com]. Und nein – ich verdiene nichts daran (noch nicht). Aber ich empfehle sie, weil sie ein Statement ist. Für Verletzlichkeit. Für Humor. Für das Recht, kitschig zu sein.

Stimming-Ringe bekommst du auf Etsy oder in sensorikfreundlichen Shops. Slime findest du überall – aber finde deinen eigenen Standard. Es gibt extra Varianten mit Duft, Kühlfunktion oder Anti-Stress-Effekt.

Und denk daran: Du darfst das haben. Auch wenn du erwachsen bist.


Fazit: Wenn Selbstfürsorge glitzert und quietscht

Manchmal reicht kein Reden. Kein Ratgeber. Kein Mantra.

Manchmal reicht eine Ente, die genauso guckt wie du.

Und dann ist alles für einen Moment gut.

Wenn du auch ein Lieblings-Stimming-Objekt hast: Lass es mich wissen. Ich liebe schräge Sammlungen und nerdige Glücksmomente.

Herzlich,
FliWi


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